Grundlagen der Vibrationstechnik – kompakt & praxisnah

Hier findest du die wichtigsten Anregungsarten Sinus, Schock, Rauschen (Random), Multisinus und Sinus auf Rauschen – inklusive Kennwerten, Diagramm‑Hinweisen und den relevanten Normen mit Kurz‑Erklärungen.

Überblick

Was ist Vibrationstechnik?

Vibrationstechnik befasst sich mit Erzeugung, Messung und Bewertung mechanischer Schwingungen. In der Produktentwicklung hilft sie, Resonanzen zu identifizieren, Lebensdauer zu bewerten und Normen einzuhalten. Prüfungen erfolgen meist auf elektrodynamischen oder servohydraulischen Shakern.

Tipp: Für realistische Umgebungsbedingungen wird oft ein Random‑Profil genutzt; zur gezielten Resonanzanregung ein Sinus‑Sweep. Sinus‑auf‑Random kombiniert beides.

Typische Einsatzfelder

  • Automotive (Straße, Antrieb, Motor/EV‑Anregungen)
  • Luft‑ & Raumfahrt (DO‑160, Start/Triebwerk)
  • Bahn (DIN EN 61373)
  • Elektronik/Industrie (Transport, Dauerlast)
Kern

Anregungsarten

Sinus (harmonisch)

Einzelne Frequenz mit definierter Amplitude. Ideal zur Resonanzsuche und Übertragungsfunktions‑Analyse.

  • Sweep Frequenzrampe (z. B. 5–2000 Hz, x Hz/min)
  • Hold Haltezeit auf Resonanzen
  • Grenzen Weg/Speed/Kraft oder Beschleunigung

Norm: DIN EN 60068‑2‑6

Rauschen (Random)

Zufällige Schwingung, beschrieben durch die PSD (z. B. g²/Hz). Der RMS‑Wert ergibt sich aus der Fläche unter der PSD.

  • Kontrolle geschlossener Regelkreis (RMS/Peak/Gruppe)
  • Profil Segmente mit Neigungen & Plateaus
  • Dauer Minuten bis Stunden

Norm: DIN EN 60068‑2‑64

Multisinus

Überlagerung mehrerer Sinuskomponenten. Deckt mehrere Resonanzen gleichzeitig ab; schnellere Testzeit als Einzelsinus.

  • Definiert Frequenzliste mit Amplituden
  • Ziel Struktur‑/Systemidentifikation

Norm‑Bezug: u. a. DIN EN 60068‑2‑57 (Zeitverlaufsverfahren / Impulse)

Sinus auf Rauschen (Sine‑on‑Random)

Kombiniert Sinus‑Töne auf einem Random‑Hintergrund. Realistisch für rotierende Maschinen auf vibrierender Umgebung.

  • Komponenten 1–n Sinus + Random‑PSD
  • Kontrolle getrennte Grenzwerte (Sinus/Random)

Norm: DIN EN 60068‑2‑80

Schock (Stoß)

Kurzer, transiente Impuls (z. B. Halb‑Sinus, Haversine, Rechteck). Bewertung mit SRS (Shock Response Spectrum).

  • Parameter Spitze (g), Dauer (ms), Impulsform
  • Ziel Stoß‑ und Transportfestigkeit

Norm: DIN EN 60068‑2‑27

Messgrößen

Wichtige Kennwerte

Amplitude

Peak, Peak‑to‑Peak, RMS; Weg/Speed/Kraft oder Beschleunigung (m/s², g).

PSD (Random)

Leistungsdichte g²/Hz; RMS aus der Spektrumsfläche. Crest‑Faktor begrenzt Spitzen.

SRS (Schock)

Maximalantwort Ein‑Freiheitsgrad‑Oszillatoren über Frequenz; definiert Anforderung unabhängig vom Pulsverlauf.

Regelung

Closed‑Loop mit Sensor(en) am Prüfling oder Tisch; Not‑Stops via Weg/Speed/Kraft & Temperatur.

Standards

Relevante Normen & Kurz‑Erklärungen

Norm Bereich Kurz‑Erklärung
DIN EN 60068‑2‑6 Sinus Sinus‑Schwingen: Frequenzsweeps, Anstiegsraten, Haltezeiten, Grenzbedingungen und Toleranzen.
DIN EN 60068‑2‑64 Random Breitband‑Rauschen (PSD‑Profile), RMS‑Bewertung, Regelung und Prüfzeiten.
DIN EN 60068‑2‑80 Mixed Mode Sinus‑auf‑Random: Definition von Sinuskomponenten über Random‑Hintergrund, Kontrolle und Grenzwerte.
DIN EN 60068‑2‑27 Schock Stoßprüfungen mit definierten Pulsformen (Halb‑Sinus, Haversine, Rechteck) und Toleranzen; SRS‑Bezug.
DIN EN 60068‑2‑57 Zeitverlauf Verfahren für Schwingungen mit zeitabhängigen Verläufen und Sinusimpulsen (Bezug u. a. zu Multisinus).
ISO 16750‑3 Automotive Umgebungsbedingungen Straßenfahrzeuge: mechanische Schwingung, Schock, Transport. OEM‑Profile.
DIN EN 61373 Schiene Bahnanwendungen: Schock und Vibration für Schienenfahrzeuge & Komponenten (Kategorien A/B/C).
MIL‑STD‑810 Militär US‑Militärstandard: Methoden für Schwingung/Schock (Transport, Einsatz, Gunfire, etc.).
RTCA DO‑160 Luftfahrt Umweltbedingungen Luftfahrtausrüstung: Vibrations‑Kategorien und Prüfprofile (z. B. Triebwerk, Propeller).

Hinweis: Für die exakte Anwendung sind stets die jeweils aktuellen Original‑Normdokumente zu konsultieren.

Nachschlagen

Glossar

PSD

Power Spectral Density, Leistungsverteilung über die Frequenz. Einheit z. B. g²/Hz.

SRS

Shock Response Spectrum; beschreibt die Maximalantwort idealisierter Oszillatoren auf einen Impuls.

Crest‑Faktor

Verhältnis Peak zu RMS; begrenzt Spitzen in Random‑Prüfungen.

Not‑Stop

Sicherheitsabschaltung bei Grenzwertüberschreitung (Weg, Geschwindigkeit, Kraft, Temperatur).

Häufige Fragen

FAQ

Sinus oder Random – was ist realistischer?

Für Umgebungsanregungen meist Random. Sinus eignet sich, um gezielt Resonanzen zu treffen und Strukturantworten zu charakterisieren.

Wozu Sinus‑auf‑Random?

Wenn periodische Anteile (z. B. Wellenfrequenzen) auf eine breite Umgebungsanregung treffen – beides wird gleichzeitig abgebildet.

Wie lange prüfen?

Abhängig vom Lastkollektiv und der Norm. Typisch: Minuten bis Stunden (Random), Sekunden bis Minuten (Schock‑Sequenzen).

Welche Sensorik?

Beschleunigungsaufnehmer (IEPE oder Ladung), Platzierung am Prüfling; Referenzsensor am Tisch. Kalibrierung beachten.

Kontakt

Fragen oder Ergänzungswünsche?

Schreib uns an info@vib-hub.com oder öffne ein Issue im Repo. Wir ergänzen gern Beispiele (PSD, SRS) oder Prüfvorschläge.