Sinus-Schwingprüfung in der Praxis – Sweeps, Dwell & Sine-on-Random.
Sinusvibration ist trotz dominanter Random- und Road-Load-Profile nach wie vor Standard: für Resonanzsuche, Funktionsnachweis bei kritischen Frequenzen, Bauteilfreigaben und Normanforderungen an Batterien, Fahrzeugstruktur und hochfrequente Komponenten.
Grundlagen der Sinus-Schwingprüfung
Sinusvibration bedeutet, dass am Prüfling eine (nahezu) reine sinusförmige Anregung anliegt – entweder bei fester Frequenz oder als Sweep über einen Frequenzbereich. Relevante Kenngrößen sind:
- Frequenzbereich, z. B. 5–2000 Hz oder 5–3000 Hz (je nach Norm/Komponente)
- Beschleunigung (z. B. in gpeak oder grms) und/oder Weg (Hub p-p), abhängig von Frequenz und Shakerkapazität
- Sweep-Geschwindigkeit, üblich z. B. 1–3 Oct/min oder X Hz/min
- Verweilzeiten (Dwell), z. B. mehrere Minuten auf einer Resonanzfrequenz
Im unteren Frequenzbereich ist der Hub oft limitierend, im höheren Bereich die verfügbare Kraft. Genau hier hilft eine schnelle Abschätzung mit Masse, g und Frequenz, um zu prüfen, ob ein vorhandener Shaker das Profil abbilden kann.
Warum Sinus, wenn es doch Random gibt?
Random-Profile bilden in vielen Fällen das reale Umfeld besser ab. Sinusprüfungen bleiben aber wichtig, wenn:
- gezielt einzelne Resonanzen gefunden und bewertet werden sollen (z. B. Karosserie-Moden)
- Normen explizit Sinusforderungen definieren (z. B. Transport- oder Bauteilprüfungen)
- hohe, schmalbandige Anregungen auftreten (z. B. Anregung durch Motorordnungen, Zahnradmesh, Inverter-PWM)
- ein schneller Pre-Check im Labor vor teuren Road-Load-Daten-Tests sinnvoll ist
In der Praxis werden Sinus-, Random- und Schockanteile oft kombiniert, um Normen, OEM-Spezifikationen und echte Belastungsszenarien abzudecken.
Beispielhaftes Sinusprüfprofil: ansteigendes g-Niveau von ca. 10 g bei 5 Hz auf 100 g bei rund 200 Hz, anschließend konstanter 100 g-Level bis etwa 3000 Hz. In der Praxis werden solche Kurven z. B. für Karosserie- und Batterieprüfungen verwendet.
Relevante Normen & Richtlinien
Viele Normen definieren Sinus-Sweeps oder Sinus-Dwell als Teil der Umweltsimulation – teils eigenständig, teils kombiniert mit Random und Schock.
| Norm / Dokument | Anwendungsbereich | Hinweis zu Sinus |
|---|---|---|
| IEC 60068-2-6 | Allgemeine Umweltsimulation, Sinusschwingungen für Elektronik & Geräte | Definiert Sinus-Sweeps (Frequenzbereiche, Amplituden, Sweep-Raten) für Labortests. |
| ISO 16750-3 | Straßenfahrzeuge – Umgebungsbedingungen, mechanische Belastungen an Bordnetz-Komponenten | Kombiniert meist Random- und Sinusanteile, z. B. für ECU, Sensoren, Halterungen. |
| ISO 12405 / ähnliche Batterienormen | Hochvolt-Batteriesysteme für Elektro- und Hybridfahrzeuge | Enthält mechanische Prüfungen inkl. Schock und Vibration für Zellen/Module/Packs als Basis für Dauerhaltbarkeit und Sicherheit. |
| UN 38.3 (Transport von Li-Ion-Batterien) | Sicherheitsanforderungen für den Transport von Zellen und Batterien | Vorgabe eines Sinus-Sweeps (ca. 7–200 Hz, logarithmisch, mehrere Zyklen pro Achse) zur Simulation von Transportvibrationen. |
| MIL-STD-810 (z. B. Method 514.x) | Militärische Umweltspezifikation, u. a. Vibrations- und Schockprüfungen | Definiert Sinus-Sweeps, Dwell und Sine-on-Random für unterschiedlichste Einsatzumgebungen (Luftfahrt, Land, Marine). |
OEMs und Systemlieferanten leiten daraus häufig eigene Prüfpläne ab, die mehrere Profile kombinieren (z. B. Random-Anteil plus gezielte Sinus-Dwell-Phasen in kritischen Frequenzbereichen).
Karosserieprüfungen & strukturelle Resonanzen
Für komplette Karosserie-, Achs- oder Hilfsrahmensysteme werden heute oft mehrkanalige Road-Load-Tests eingesetzt. Sinusprüfungen spielen ergänzend eine Rolle – insbesondere:
- Low-Level-Sweeps zur Identifikation von Eigenfrequenzen (Modal-Check vor und nach strukturellen Änderungen)
- Dwell-Prüfungen auf kritischen Frequenzen, um z. B. Halterungen oder Schweißnähte gezielt hoch zu belasten
- Schulung und Debugging: welches Bauteil schwingt an welcher Stelle und warum?
Gerade bei Mehrkörpersystemen (Karosserie + Fahrwerk + Anbauteile) ist ein Sinus-Sweep oft der schnellste Weg, um „laute“ Resonanzen sichtbar zu machen und Sensorpositionen für spätere Random-Tests zu optimieren.
Hochfrequente Komponenten & E/E-Module
Elektronik, Inverter, Hochvolt-Schütze, Batteriemanagementsysteme oder HF-Sensorik werden oft bis in hohe Frequenzbereiche geprüft (z. B. 20–2000 Hz oder darüber). Sinusprofile helfen hier, gezielt auf:
- Leiterplatten-Resonanzen, Bauteilabhebungen und Lötstellen (z. B. bei 300–800 Hz)
- Steckverbinder, Kabelbäume und Kontaktfedern mit hochfrequentem Rattern
- Baugruppen im Umfeld von E-Motoren und Getrieben mit dominanten Ordnungen
Sine-on-Random wird gerne eingesetzt, um einen realistischen Hintergrund (Random) mit dominanten Ordnungen oder Getriebefrequenzen (Sinuslinien) zu kombinieren – etwa für E-Antriebe oder elektrische Pumpen.
Batterie-Tests – Zellen, Module & Packs
Für Lithium-Ionen-Batterien greifen mehrere Ebenen ineinander: Transportanforderungen (z. B. UN 38.3), Sicherheitsnormen und OEM-Spezifikationen. Sinusvibration kommt dabei an mehreren Stellen vor:
- Transport-Vibration: Sinus-Sweeps über einen weiten Frequenzbereich, mehrere Zyklen je Achse, um Transport auf LKW, Bahn, Schiff und Flugzeug zu simulieren.
- Pack- und Systemtests im Fahrzeugkontext (z. B. in Anlehnung an ISO 12405, ISO 16750-3, OEM-spezifische Profile).
- Fokus auf Kontaktierung (Busbars, Schweißpunkte), Kühlplatten, Halterungen, HV-Stecker und BMS-Elektronik.
Für die Auslegung des Prüfstands ist der Zusammenhang zwischen Massenverteilung, gewünschtem g-Niveau und verfügbarem Hub besonders kritisch – sonst läuft die Prüfung entweder „gegen das Hub-Limit“ oder der Shaker geht zu früh in die Kraftsättigung.
Neue Technologien & Trends
Mit neuen Fahrzeugkonzepten und E-Mobility entstehen zusätzliche Anforderungen:
- Multi-Achs-Prüfstände und 6-DOF-Road-Simulatoren, kombiniert mit überlagerten Sinuslinien (z. B. Motorordnungen) für realistischere NVH-Bilder.
- Digital Twins & virtuelle Auslegung: Vorab-Identifikation kritischer Frequenzen in Simulation, anschließend gezielte Sinus-Dwell-Prüfungen im Labor.
- Höhere Schaltfrequenzen in Invertern und neue Leichtbaukonzepte, die empfindlicher auf schmalbandige Anregungen reagieren.
Tools wie der PSD Profile Calculator können hier helfen, Prototypenprüfungen schnell abzuschätzen: Welche Kraft und welcher Hub sind nötig, um ein geplantes Sinusprofil für einen Batterieträger oder ein Invertergehäuse sicher zu fahren?
Support & Kontakt
Fragen zu Sinusprofilen, Random-Tests oder zur App sind willkommen – ebenso Praxisbeispiele aus Karosserie, Batterie- oder Komponentenprüfungen.
- E-Mail: info@vib-hub.com
- Web: https://vib-hub.com
Rückmeldungen aus Prüfstand, Labor und Feld helfen, die Inhalte und Tools von VIB-HUB weiterzuentwickeln.
Über VIB-HUB
VIB-HUB bündelt praxisnahe Werkzeuge und Know-how rund um Schwingprüfungen: Random, Sinus, Schock und kombinierte Profile.
Der PSD Profile Calculator ist das erste mobile Tool aus dieser Reihe. Ziel ist eine kompakte Sammlung von Hilfsmitteln – von einfachen Kraft-/Hub-Abschätzungen über Auswerthilfen bis hin zu Spezialthemen wie Sine-on-Random für E-Antriebe oder Prüfstands-Pre-Checks für neue Batteriekonzepte.